01.07.2023
«Ehr münd keis Hotel ufdue, wenn ehr dLüt ned gern hend", meint Ulrich (Ueli) Müller, Besitzer des Kieswerks Müller Kies AG in Stetten. Seine Hotelgäste – ein Nebenerwerb - wiegen etwa so viel, wie ein Tannenzapfen, kommen aus Zentral- und Nordwestafrika, südlich der Sahara, und verlangen jede Brutsaison (März – September) eine frisch renovierte «Hotelanlage». Die Rede ist von Uferschwalben, deren Vogelbestand als potenziell gefährdet gilt.
Ueli Müller beobachtete vor einigen Jahren, wie die Zugvogelart in seiner Kiesgrube im verkaufsfertigen Sand zu nisten begannen. Kurzerhand erstellte er ihnen eine Alternative, nämlich eine künstlich angelegte Sandwand (4m hoch, 20m breit), zu welcher die Uferschwalben dankbar übersiedelten und ihre armtiefen Brutröhren hinein zu picken und scharren begannen. In mehreren hundert Löchern zieht die standorttreue Kolonie seither ihre Jungen auf in zwei Bruten pro Jahr. Die je 4-6 Eier werden innerhalb von 2 Wochen vom Männchen sowie Weibchen ausgebrütet und die Jungen im Anschluss ebenfalls von beiden Elternteilen ca. 3 Wochen lang gefüttert, bis sie schlussendlich flügge sind.
Am 1. Juli 2023 konnte die siebzehnköpfige Exkursionsgruppe des NVG das Fütterungsspektakel der reinen Insektenfresser miterleben und den Berichten und Informationen von Daniel Lehner (Vorstandsmitglied) und Ueli Müller lauschen. Die Jungvögel konnten sich kaum sattfressen und wir uns kaum sattsehen. Als es plötzlich ruhig wurde um die Brutwand herum, war schnell klar, dass ein Fressfeind in der Nähe lauerte. Der Turmfalke auf dem Baum daneben wurde vom aufmerksamen Ueli Müller schnell entdeckt und vertrieben. Nebst anderen Flugfeinden, wie z.B. der Specht, versuchen auch Landtiere wie der Fuchs oder Marder an die Gelege oder Jungvögel zu kommen. Diese werden mithilfe eines Flexinets, einer Art Elektrozaun, vom Räubern abgehalten, was enorm wichtig ist für einen Brutstandort. Denn, wenn einmal im grossen Stil geräubert wurde, kommen die Vögel nicht mehr zurück!
Der NVG hat die Vision, auch in Gränichen eine solche Brutwand für Uferschwalben aufbauen zu können. Die ortseigene Kiesgrube würde sich grundsätzlich anbieten, da an bestehenden geraden Wänden nur noch ein Aufschütten und Verdichten von reinem Sand nötig wäre und entsprechende Maschinen für die Bewirtschaftung bereits vor Ort wären. Sinn macht dieses Projekt allerdings nur, wenn die grosse Krähenpopulation im Gebiet schwindet und bereits eine Uferschwalbenkolonie Interesse am Gebiet bekundet. Auch wenn eine solche Brutwand innerhalb von zwei Tagen aufgebaut und bezogen werden könnte ist der arbeits- und kostenintensive Unterhalt derselben nicht zu unterschätzen. Jeden Herbst muss 1m der Wand abgestochen und wieder erneuert werden, damit die Uferschwalben in der nächsten Saison wieder neue Brutröhren graben können.
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